"I don't know what madness is. It can be everything and nothing. It is a human condition. Madness is present in each of us as is reason. The problem is that society, to be able to call itself civil, should accept reason as well as madness [...]" (Franco Basaglia, 1984) Die ehemalige Psychiatrie in Norditalien, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, beeindruckt durch ihre Architektur sowie ihrer zugleich friedlichen als auch bedrückenden Atmosphäre, die von dem Gebäude ausgeht. Noch überall lassen sich Eindrücke eines der finstersten Kapitel der Einrichtung Psychiatrie erhaschen. Methoden wie die Psychochirurgie gehörten hier, wie in vielen anderen ähnlichen Einrichtungen dieser Zeit, leider nach wie vor zur Tagesordnung. Besonders dieser Ort hatte sich als einer der ersten seiner Art einen Namen bezüglich der frühen Methoden der Lobotomie gemacht. Die initiale Version der Lobotomie wurde von dem portugiesischen Psychiater Moniz entwickelt, woraufhin dieser 1949 den Nobelpreis in Medizin bekam. Später wurde diese Operationstechnik von dem US-Amerikaner Walter Freeman weiterentwickelt und schließlich salonfähig. In den 1970er Jahren kam es in ganz Italien zu einer Psychiatrie-Reform, initiiert durch den italienischen Psychiater Franco Basaglia, der die menschenunwürdigen Zustände dieser Einrichtungen anprangerte und nach und nach dessen Schließungen erwirkte. Unser Weg führte uns durch die alte, weitläufige Parkanlage der ehemaligen Psychiatrie. Wir nahmen Arbeiter auf dem Gelände wahr, so mussten wir uns besonders unauffällig verhalten. Leider lag vor unserem Eingang ins Gebäude noch ein kleiner gemeiner, bezackter Eisenzaun. Klein und unscheinbar war dieser aber besonders schmerzvoll zu überwinden. Zu allem Übel kam in genau jenem Augenblick, als meine Begleitung direkt auf dem Zaun saß, ein Auto in hohem Tempo auf das Gelände gefahren. Vor Schreck sprang sie in einem Satz auf die andere Seite. Glücklicherweise ohne ernste Verletzungen. Entdeckt wurden wir, Fortuna war uns wohlgesonnen, ebenfalls nicht. So ging es endlich durch ein altes Kellerfenster ins Innere. Der eigentliche Zugang zum Kliniktrakt war jedoch wahrlich abenteuerlich. So hatten wir zuvor einen labyrinthartigen Gewölbekeller zu durchlaufen und einen engen Schacht mit Rohren zu durchklettern sowie zu durchkriechen - gerade genug Platz um hindurchzugelangen. All dies mit Sack und Pack, die Fotoausrüstung vor sich herschiebend. Für all die Mühen wurden wir jedoch schlussendlich belohnt und standen bald in einem von vier beeindruckenden Innenhöfe, in denen sich Ziegen aufhielten. Somit war unsere einzige Gefahr nur noch die, von dem dazugehörigen Hirten erwischt zu werden. Glücklicherweise sind wir ihm nie begegnet, obwohl es immer wieder deutliche Spuren seiner Anwesenheit gab, so hörten wir etwa des Öfteren metallische Geräusche und dann auf einmal sehr eilige Schritte direkt ein Stockwerk unter uns, die uns einen gehörigen Schrecken eingejagt hatten. Nach ein paar Minuten reglosem Ausharrens in einem dunklen Raum neben dem ehemaligen Operationssaal konnten wir jedoch durchatmen. Zu guter Letzt noch ein letzter Schreck - ein von der Straße her plötzlich schrillender Feueralarm, der ohrenbetäubend durch die alten Gänge hallte und sie unangenehm ausfüllte. Fast zeitgleich setzte dazu noch das Läuten von Kirchenglocken ein. Ein sehr surreales Gefühl, wie diese lebendigen Geräusche die Stille dieses Ortes, regelrecht betäubend, zu zerfetzen vermochten. Im Allgemeinen habe ich diesen Ort als sehr friedlich empfunden. Architektonisch war es sicherlich einer der schönsten Orte, die ich je gesehen habe. Allerdings ließen sich auch Gedanken an die sehr dunkle Vergangenheit dieses Ortes nicht völlig ausblenden. Man fragt sich unwillkürlich, wer hier drin verwahrt wurde und versucht sich mögliche Gründe auszumalen. Wer mag alles auf dem Operationsstuhl gesessen haben? Wem mag hier ein Teil der eigenen Identität ausgelöscht worden sein? Was mag den Menschen durch den Kopf gegangen sein, die gezwungen waren ihr Leben hinter diesen dicken Mauern zu verbringen? Die gezwungen waren durch dieses schier endlos wirkende Labyrinth an Gängen zu irren, Tag für Tag - nur noch mit einer vagen Ahnung vom Leben dort draußen im Kopf? The abandoned asylum (built in the end of the 19th century) impresses with its both stunning architecture and the mixture of a peaceful and depressing atmosphere as well. Still you can get a glimpse of the darkest chapter of "mental health care". Getting a glimpse of a time when methods like psycho surgery were still on the agenda and were considered a normal procedure. Especially this place was famous for its early lobotomy methods (developed by the Portuguese psychiatrist Moniz who was in 1949 even awarded the Noble prize in Medicine for it - long before his American colleague Dr. Freeman developed the method and made it even more popular.)
In the 1970s there was a reform concerning the mental hospitals, initiated by the Italian psychiatrist Franco Basaglia, who criticized the inhuman conditions in these institution. This reform led to the gradual closure of all mental institutions throughout the country. Our way leads us through the old and extensive park of the former mental hospital. We spotted workers on the grounds and had to be especially careful. Unfortunately, a small iron fence was between us and our entry. It appeared small and easy to climb but in reality it became a pretty hurtful experience. To make matters worse a car speeding up appeared all of a sudden. In that very moment my friend sat on top of the fence and quickly jumped down. Fortunately, she didn't get hurt at all and fortunately, we didn't get spotted as well. Finally, we entered the building trough a maze-like cellar. As if this wasn't enough, we had to crawl through a narrow shaft and climb over pipes or squeeze underneath them. But as soon as we stood in one of the impressive patios of the former asylum we definitely felt more than rewarded for our efforts. As goats lived on the grounds, the most danger now was to be spotted by the goat-herder. Fortunately, we never came across him directly but sometimes heard metallic noises and then suddenly quick footsteps a floor beneath us. Out of fear we were hiding in a dark corner next to the old operating room. My personal biggest fright was a very loud fire alarm suddenly starting off followed by ringing church bells at the same time. It was both a surreal feeling and an extremely deafening noise. In general the old building appeared to be pretty peaceful and was surely one of the most beautiful ones I have ever seen when it comes to the architecture. But it is almost impossible not to think about its more than dark past. Thinking about the people who had to live within those walls and thinking about the possible reasons for their stay. Asking yourself what they might have thought and felt when they had to walk through that maze of floors behind those thick walls that locked them away and excluded them from society and the world itself. Asking yourself who was forced to sit down in that old operating chair and was stolen parts of his or her own identity while doing so. I am still thinking about it today.
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“The world is come upon me, I used to keep it a long way off, But now I have been run over and I am in the hands of the hospital staff.” (Stevie Smith) Viel ist nicht bekannt über die alte Klinik. Geradewegs auf einer Fahrt ins Blaue versuchten wir unser Glück und fanden auch unser Schlupfloch in ein ansonsten sehr gut abgeriegeltes Gebäude. Wir hatten keinerlei Idee, was uns darin erwartete. Unser erster Eindruck war, dass das Krankenhaus bereits ziemlich leer geräumt wurde, staunten dann aber nicht schlecht, als wir uns zuerst durchs Erdgeschosse bewegten und in einem stockdunklen Teil unsere Taschenlampen einschalteten. Alte Röntgengeräte und anderes leuchtete im Kegel unserer Lampen auf. Raum für Raum bewegten wir uns durch das totenstille Gebäude. Nur hin und wieder drangen Laute vom Leben rund um die Klinik zu ins hinein. Doch die Atmosphäre wirkte leicht surreal. Nach der Erkundung des Erdgeschosses wagten wir uns zuerst in den Kellerbereich, in dem wir die alte Küche, einen kleinen Speisesaal im 70er-Jahre-Ambiente, das ehemalige Bettenlager samt Wäscherei sowie die alte Pathologie stießen. Danach gingen wir in die oberen Stockwerke und erwarteten nicht mehr allzu viel. Wieder einmal unterschätzten wir den alten Komplex. Bis auf lange Gänge und eine alte Liege mit "Fake-Blut" schien alles recht gleich zu wirken, bis wir ein paar Mal um die Ecke bogen und ich nichts ahnend mit meiner Taschenlampe geradewegs in einen finsteren Raum hineinleuchtete - die Augen einer riesigen OP-Lampe reflektierten und dieser Anblick traf mich ganz unerwartet. Schnell holte ich meine Begleitung und wir fanden uns in dem großen Operationsbereich mit zahlreichen OP-Sälen wieder. Es war stockdunkel, doch irgendwie gelangen mir ein paar passable Fotos. Ganz versunken riss mich plötzlich das Rufen meiner Begleitung aus meinem Tun. Sie hätte laute, seltsame Geräusche gehört und würde stark danach klingen als wäre noch jemand im Gebäude. Ich folgte ihr ein Stück den Gang Richtung Geräuschquelle entlang und konnte allerdings nichts hören. Alles war still. so wollte ich umdrehen und mich weiter meinen Fotos widmen, da hörte ich ebenfalls ein ziemlich lautes Krachen, wie das Schlagen einer Tür. Dann verschwand es wieder. Wir beschlossen uns nicht mehr zu trennen und schnell unsere Fotos zu machen. Ich muss auch zugeben, plötzlich fand ich die stockfinsteren OP-Säle, die man zum Teil erst durch eine ebenso dunkle Schleuse mit kleinen Nebenräumen betreten musste, nicht mehr so einladend. Schließlich könnte hinter jeder Ecke jemand lauern, so schoss es mir zumindest damals ehrlich durch den Kopf. Vielleicht rächte sich nun auch mein überdurchschnittlich hoher Horrorfilmkonsum. Fest steht, das Gebäude war hermetisch verschlossen. Zu verschlossen, als das solch ein Lärm durch einen Windstoß hätte verursacht werden können - und das Geräusch klang anders. Fakt ist auch, ich hörte es nur einmal, meine Begleitung hingegen mehrfach und beschrieb es als unregelmäßiges, immer lauter werdendes Geräusch, als käme gleich jemand um die Ecke. Wollte uns jemand Angst einjagen und uns vertreiben? Oder doch nur der Wind? Wir werden es nie wissen. Ich kann jedenfalls sagen, dass dies eines meiner unheimlichsten Ereignisse überhaupt war, welches mir sogar jetzt noch, beim bloßen Gedanken daran, Gänsehaut verursacht. The is not much information about the old hospital. We didn´t know if we would be able to enter the building, but we were lucky enough to found a loophole into a very well secured complex. We had no idea what to expect. Our first impression let us think that the hospital was completely empty. But we were totally wrong. We explored the main floor at first, which was pitch-dark. But the lights of our torches revealed old and forgotten X-rays and other medical apparatuses. Step by step we made our way through the deadly silent hospital. Only now and then we heard noises from the crowded streets around the clinic. But the atmosphere throughout the building was rather surreal.
After exploring the ground floor we dared to enter the cellar and found the old kitchen, a small dining room in the style of the 1970s, old storage rooms as well as the washhouse. And last but not least the old morgue. After that, we decided to head for the upper floors without expecting a lot. Again we were proven wrong. Apart from long floors and a stretcher with fake-blood around it, everything seemed to be pretty empty. Until we walked around a corner and my torch accidentally lit a pitch-dark room - suddenly the eyes of a huge operating lamp reflected. Me and my fellow urbexer found ourselves in a huge operating department with numerous abandoned operating rooms. It was extremely dark, but somehow I managed to take a few photos. Suddenly I heard the calls of my companion. She told me that she had heard strange and loud noises. I followed her down the floor into the direction of the noises and tried to listen but couldn't hear anything. Just the moment I wanted to go back to my camera I heard a pretty loud noise, as somebody would be slamming doors and started to walk/run up the staircase. We decided to accelerate our stay and to only take a few captures more. We stood together and I have to admit, I was very glad about that, as suddenly I saw the op rooms with different eyes. Most of them were only to be entered through a dark corridor with dark side rooms. The best opportunity for someone hiding there. Maybe I have watched far too many horror movies... But it's a fact that the building was almost hermetically shut and the noise didn't sound like a door slamming due to the wind. It is also a fact that I heard the strange (and extremely) loud noise only once but my companion several times and described it as an inconstant and loud noise that increased immensely. Maybe someone was there and wanted to frighten us and force us to leave? Or only the wind after all? The fact is: we will never know. I can only say that it has been one of the creepiest experiences I ever had and it is still giving me the shivers as soon as I think about this incident. Das Nathanstift in Fürth wurde nach seinem Gründer Alfred Louis Nathan benannt. Um die Jahrhundertwende stiftete dieser der Stadt das Spital aufgrund der hohen Säuglingssterblichkeit (1905 lag diese bei 28,7% in Fürth und stellte somit die höchste in ganz Bayern dar). Noch heute stellt es die bekannteste und eine der bedeutendsten Stiftungen der Stadt Fürth dar. Diese wiederum bedankte sich bei Nathan dafür mit einer Ehrenbürgerschaft. Dank des in der Tannerstraße gegründeten Nathanstifts konnte tatsächlich bald darauf ein deutlicher Rückgang der Mortalitätsrate von Säuglingen verzeichnet werden. Im Jahr 1967 wurde das ursprüngliche Stiftsgebäude nicht mehr genutzt und zur Schule umfunktioniert. So wurde am zentralen Stadtkrankenhaus die Geburtshilfe eingerichtet und ein Neubau, der als Kinderklinik diente, nebenan erbaut. Im Jahr 2016 begann man nach einigen Jahren des Leerstands und der Teilnutzung des Gebäudes für künstlerische Zwecke mit dem endgültigen Abriss. Für mich persönlich war die Erkundung der alten Kinderklinik (die nun komplett im Stadtkrankenhaus zu finden ist) eine kleine Besonderheit. Denn genau in diesem Gebäude verbrachte ich - als Frühchen auf die Welt gekommen - die ersten Wochen meines Lebens. Genau genommen, im obersten Stockwerk des Spitals und somit über den Dächern meiner Geburtsstadt. Auch wenn meine Erinnerungen selbstverständlich mehr als vage sind, nämlich schlichtweg nicht vorhanden, stellte der Besuch der Klinik für mich etwas ganz Besonderes dar. Ich genoss den Ausblick über die Dächer der Stadt - diesmal in vollem Bewusstsein. Ein einmaliger Blick, den es so bald für Niemanden mehr geben wird. Noch heute wird jeder Fürther, der im Klinikum Fürth das Licht der Welt erblickt, im "Nathanstift" geboren. Seit 2010 trägt neben der Kinderklinik und Geburtshilfe die gesamte Frauenklinik des Klinikums den Namen der Stiftung und erhält Fördermittel aus dieser. The children's hospital "Nathanstift", named after its founder Alfred Louis Nathan, was given to the city of Fürth at the beginning of the turn of the century, in order to end the high infant mortality in town. The foundation was one of the most important ones in the history of the city of Fürth ever. Mr. Nathan was thanked by honorary citizenship.
At the end of the 1960s the former building of the hospital was converted into a school. The midwifery was trans-located to the general hospital of the city of Fürth and next to it a new building was erected, which housed the children´s hospital from this moment on. Now, the children's clinic has totally moved into the building of the general hospital. Personally, visiting the old children's hospital was a very personal experience to me this time, as I, a premature baby, had to spent the first weeks of my life in this facility - on the top floor and high above the rooftops of my native town. Of course, my memories of this stay can't even be described as "vague", as I simply have none at all. Yet, my exploration of this place will always remain special to me. I really enjoyed the view across the city - consciously this time and probably as one of the last ones who received this opport Die ehemalige Psychiatrie (im damaligen Jargon als "Landesirrenanstalt" bezeichnet) wurde zwischen 1905 - 08 im Pavillonstil erbaut. Die Einrichtung diente während des Ersten Weltkriegs als Reservelazarett und wurde während der Zeit des Nationalsozialismus in das "Euthanasie"-Programm "Aktion T4" eingebunden. Nach 1945 wurde die Klinik von der sowjetischen Armee ebenfalls als Lazarett genutzt. Seit Abzug der GSSD-Truppen (GSSD = Gruppe sowjetischer Streitkräfte in Deutschland) im Jahr 1993 ist der größte Teil des Geländes verwaist und die parkähnliche Anlage wurde zu einem Paradies für die Pflanzen- und Tierwelt. Durch das mittlerweile dichte Wäldchen streifen nun etwa ab und an ganze Wildschweinrotten. Vier Besuche brachten mich bisher an diesen geschichtsträchtigen Ort. Einer davon musste allerdings aufgrund eines Brandes in der Nacht vor unserem Besuch abgebrochen werden. Leider werden auf dem großflächigen Gelände immer wieder Brände gelegt, weswegen unter anderem das ehemalige Administrationsgebäude sowie der alte Wasserturm inzwischen massiv einsturzgefährdet sind. The abandoned psychiatric hospital was built in pavilion-style between the years 1905 - 08.
It was used as military hospital in WW I and WW II. During the Nazi era it was part of the NS-"Euthanasia"-program "Aktion T4". After 1945 the hospital was used as military hospital by the Soviet troops. The complex has been abandoned since the Soviets left Germany in 1993. Now the former park of the complex has become a small but thick forest and has converted into a mere paradise for wild animals like herds of wild boars. Four visits have brought me to this historical more than interesting place so far. One had to be cancelled standing in front of the area as a fire broke out the night before our planned visit. Unfortunately, arson is not uncommon on the grounds. This is one of the reasons why especially the former administrative building, as well as the water tower, are in acute danger of collapsing by now. "Der grüne Sommer ist so leise Geworden, dein kristallenes Antlitz. Am Abendweiher starben die Blumen, Ein erschrockener Amselruf. Vergebliche Hoffnung des Lebens. Schon rüstet zur Reise sich die Schwalbe im Haus Und die Sonne versinkt am Hügel [...]." (Georg Trakl, "Sommersneige") Die Geschichte der einstigen "Mottenburg" begann um die Jahrhundertwende als so genannte Trinkerheilanstalt. Besonders Adelige (voranging aus Russland), die etwas auf der hohen Kante hatten, kurierten dort ihre Alkoholsucht aus. In den ausgehenden 1920er Jahren übernahm ein Arzt, der sich auf die Behandlung der Lungentuberkulose spezialisiert hatte, die Einrichtung und eröffnete dort nun ein Lungensanatorium (so kam es auch im Laufe der Zeit zu der, durch die Bevölkerung geprägten, Bezeichnung "Mottenburg"). War die einsame Waldlage der einstigen Trinkerheilanstalt optimal für die Behandlung von Lungenerkrankter - so bot sie doch viel frische Luft - war das Gebäude hingegen denkbar schlecht geeignet. Weder Heizung noch fließendes Wasser waren vorhanden. Daher ließ der Pneumologe dieses entsprechend umbauen und erweitern. So kamen im Laufe der Zeit noch entsprechende Abteilungen und Gebäude hinzu, die den bestmöglichsten Behandlungserfolg ermöglichen sollten. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor das Sanatorium allmählich an Bedeutung. Der allgegenwärtige Schrecken der TBC verlor sich glücklicherweise durch die fortan mögliche Behandlung der Erkrankung durch Antibiotika (1942 kam das Penicilin auf den Markt). So wurde die Klinik Anfang der 1960er Jahre verkauft und als Privatklinik genutzt. Im Jahr 1980 erfolgte dann eine erneute Umwandlung in ein Alten- und Pflegeheim. Heute ist nur noch das einstige Hauptgebäude als Solches im Betrieb. Doch auch hier nagt bereits deutlich der Zahn der Zeit. Zumindest die Fassade wirkt eher ungepflegt, irgendwo ist ein Fenster im Erdgeschoss dürftig mit einer Spanplatte geflickt worden und der einstige Park ist nicht einmal mehr großartig als solcher zu erkennen. Die Nebengebäude, aus denen die nachfolgenden Fotos stammen, sind bereits seit einiger Zeit sich selbst überlassen. Bizarr wirken hier die noch voll eingerichteten Räumlichkeiten im Kontrast zum bereits deutlich vorhandenen Verfall. Die Gebäude scheinen zwar in ihrer Auflösung begriffen, aber die Spuren der einstigen Bewohner lassen sich nicht so leicht wegwischen. So lehnen an einem alten Bett zurückgelassene Beinprothesen, in einem anderen Zimmer lächelt Lady Di noch immer unaufhörlich und doch irgendwie beruhigend von der Wand und ein paar Räume weiter finden sich zuhauf alte Fotografien der einstigen Bewohner. Hinterlassenschaften, die in ihrer Mixtur aus Freud und Leid, nachdenklich stimmen. The history of the old sanatorium "Mottenburg" (which was a popular nickname given by the locals; German: "die Motten haben" (to have the Motten) means to suffer from tuberculosis) dates back to the turn of the century when it was used as "Trinkerheilanstalt" (in modern terms a detoxification center). Especially rich Russian noblemen got treated there.
In the late 1920s a physician, specialized in treating lung tuberculosis, bought the former building in order to establish a tuberculosis sanatorium (that's why the sanatorium was often referred to as "Mottenburg"). The pretty seclusive location in the woods seemed to be perfect for treating patients suffering from lung diseases. Yet, the building itself wasn't. It was far too small and had neither running water no heating. Thus, it got expanded with new departments and buildings and got modernized by and by in order to offer the best possible treatment. After World War II., thanks to the discovery of penicillin (which was available on the market for the first time in 1942) the sanatorium - like all similar institutions - became gradually redundant. In the beginning of the 1960s it was then sold and used as private clinic until it was converted into a retirement home in 1980. Today, only the main building of the former tuberculosis sanatorium is still used as care home. Though even there the ravages of time have left their traces. At least the façade seems pretty unclean, a window on the ground floor was mended with a chipboard and the former park can't even be recognized as such anymore. The side buildings, in which the following photos were taken, have already been abandoned for a good while. Inside, the atmosphere is pretty bizarre with on the one hand, fully-equipped rooms and, on the other hand, the dissolving building structure. Though, the traces of the former inhabitants can't be erased so easily. In one room there are leg protheses leaning against an old bed, a few steps from it, in another room, there is Lady Di still smiling from the walls and again a few steps further there are piles of old photographs depicting the former residents. A mixture of remains that leave you with mixed feelings. Das Preventorio, war ein altes Sanatorium für Kinder, das ursprünglich zur Behandlung von an Lungentuberkulose Erkrankten diente. Die TBC sollte nicht nur behandelt und eingedämmt werden, sondern es wurden auch diverse weitere Atemwegserkrankungen sowohl vorbeugend als auch kurativ behandelt. Während des Zweiten Weltkrieges wurden im Gebäude Partisanen, unter der Führung des anarchistischen Partisanenführer Emilio Canzi, behandelt. Dieser kämpfte nicht nur im Spanischen Bürgerkrieg sondern auch in Italien gegen die Faschisten. Nach Ende des Krieges, bis zu seiner Schließung Ende der 1970er Jahre, diente das Sanatorium wiederum der Behandlung von Atemwegserkrankungen. Eine gefühlte Ewigkeit geht es auf Serpentinen immer tiefer in die Abgeschiedenheit der Berge, auf Straßen, die ihre besten Tage schon lange hinter sich haben. Vermutlich gar arg mitgenommen von dem ein oder anderen Erdbeben. Unser Auto quält sich die Steigungen hoch und als man es kaum mehr glauben mag, taucht plötzlich vor uns, hinter einer von unzähligen Kurven, ein riesiges, graues Gebäude auf: das Preventorio. Nur eine Sache passte so gar nicht an diesen Ort am gefühlten Ende der Welt. Etliche Autos, die direkt vor dem Gebäude parkten. Geschrei, Gepolter. Plötzlich war hier mächtig Leben. Etwas verwirrt stiegen wir aus dem Auto und versuchten uns ein Bild des Ganzen zu machen. Es dauerte auch nicht allzu lange, bis wir eine Gruppe von Menschen in Militäruniformen erspähen konnten, die laut schreiend in und um das Gebäude sprinteten. Kurz befremdlich wirkend, stellte sich jedoch schnell heraus, dass es sich lediglich um Airsoftspieler handelte. Wir versuchten uns bemerkbar zu machen, um nicht das Opfer eines oder mehrerer schießwütiger Italiener zu werden. Man nahm uns wohl auch zur Kenntnis, allerdings kümmerte sich offensichtlich niemand so wirklich um unser Erscheinen. Da anscheinend gerade eine Pause von den Spielen statt zu finden schien und sich die Spieler alle vor dem Gebäude versammelt hatten, beschlossen wir zu allererst auf gut Glück einen Weg ins Gebäude zu finden. Diesen fanden wir auch und konnten uns unseren Fotos widmen. Zumindest vorerst. Während ich gerade dabei war Fotos in der kleinen Kapelle zu machen, nahm ich vage wahr, dass die Airsoftspieler anscheinend allmählich am Ende ihrer Pause angelangt waren, zumindest dem Geräuschpegel nach zu urteilen. Dies bekümmerte mich allerdings erst recht wenig, bis ich plötzlich unter Beschuss geriet. Offensichtlich wurde direkt in das alte Glastreppenhaus (Glas war ohnehin so gut wie gar nicht mehr vorhanden) direkt neben der Kapelle, in der ich mich gerade befand, geschossen. Ich wusste, wenn ich versuchen würde, aus der Kapelle zu gelangen, hätte ich vermutlich keine Chance und würde mich im gnadenlosen Kugelhagel wiederfinden. Meine Begleitung versuchte sich bei dem mittlerweile ohrenbetäubenden Lärm mit mir von der gegenüberliegenden Seite des Ganges zu verständigen - nur traute sich natürlich niemand in die direkte Schusslinie der schießwütigen Italiener. Fast gleichzeitig hörten wir die Truppe die Treppen hocheilen. In Deckung verharrend, versuchten wir dann auf uns aufmerksam zu machen. Dies gelang uns dann auch. Mit ein paar von ihnen konnten wir uns auf Englisch verständigen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde handelten wir schnell einen Deal aus. Zwanzig Minuten Airsoft, danach konnten wir nach Belieben unsere Fotos machen. Am Ende wurde sich auch penibel an die Abmachung gehalten. Die Spieler waren ebenso sehr an unserem Treiben interessiert. Einer der jüngsten Spieler kam schlussendlich sogar noch einmal extra auf uns zu und fragte uns neugierig fasziniert, ob wir denn "ghost hunters", also Geisterjäger, seien. Nach nicht einmal einer halben Stunden Warten hatten wir das Preventorio dann auch tatsächlich für uns. Nach zahlreichen Abschiedsgrüßen zogen die Italiener von dannen und wir konnten uns, noch eine ganze Weile schmunzelnd, in Ruhe dem Preventorio widmen. The so-called preventorio was used as sanatorium for children. It was originally established in order to treat the rampant tuberculosis but later on further respiratory diseases were treated. Also, the prevention of such diseases, was a main goal. During WWII. partisans, under the command of Emilio Canzi, an Anarchist partisan who fought against the fascists in Italy and had also fought in the Spanish Civil War, were treated in the hospital. After the war, until its closure in the 1970s, the preventorio became a hospital for the treatment of respiratory diseases once more.
Seemingly endless serpentines later and in the middle of nowhere - just surrounded by an impressive mountain scenery - our car, which had to struggle with the steep hills, suddenly went around a bent and we suddenly spotted a huge, grey building appearing in front of us: the preventorio. But there was one thing, that didn't fit in at all - after arriving at the end of the world. We had just arrived at the end of the world and what did we see? A lot of cars parking right in front of the sanatorium. After we had left our car pretty confused we heard a lot of noises coming straight from the building. It did not take long and we spotted some people in military uniforms chasing loudly around the place: airsoft players. We tried to call attention to ourselves as we didn´t like the thought of being a victim of a trigger-happy Italian. They had noticed us somehow but didn´t care much about us. As the Italians were apparently doing a break, we seized the opportunity and made our way into the building and started to take our photos. I was taking my photos in the small and wonderful chapel when I suddenly heard a lot of noise. My fellow-urbexer was a few rooms away from me. I tried to ignore it, but suddenly I felt that the chapel was under fire. The airsoft players were obviously firing at the former big glass windows (not any glass has been left) of the main staircase directly next to the chapel. I knew that I was somehow trapped because if I tried to leave the chapel I would probably end up as a victim of one of the trigger-happy Italians. Meanwhile, my friend tried to communicate with me from the other side of the floor. We decided to call attention to ourselves again but tried to stay undercover. The Italians were coming up the stairs and were pretty perplexed by the sudden sight of us. We could communicate with a few of the group and after a small introduction, we made a deal. They could play their game for twenty minutes and after that, we could take our photos in a save environment. Not half an hour later we had the building for ourselves and they left saying their good-byes! Before doing so though one of the youngest of the group approached us and asked in his best English and pretty excited if we were "ghost hunters" which we unfortunately had to deny. Still they liked our hobby very much. They would not leave without every single one of them had told us their good-bye's, followed by a jagged "Auf-Wiedersehen!" in the end. Not without a grin on our faces, we would continue taking our photos. Die Kinderheilstätte für Lungen- und Bronchialkrankheiten, vorrangig auf die Behandlung von Lungentuberkulose spezialisiert, wurde in den 1920er Jahren in Harzgerode im Bauhausstil errichtet. Zum Ensemble gehörten das Klinikgebäude an sich, zwei Ärztehäuser nebst Chefarztvilla, eine Isolationsstation, ein kleines Schulgebäude sowie eine eigene Gärtnerei. Insgesamt gab es Platz für 150 Patienten. Im Jahr 1998 wurde die Heilstätte endgültig geschlossen. Seitdem gab es immer wieder diverse Versuche das Areal zu revitalisieren. Aktuell hat das Sanatorium neue Eigentümer, die in einer alternativen Lebensgemeinschaft auf dem Gelände wohnen. Das Areal wird seitdem rund um die Uhr bewacht, sowohl von den neuen Bewohnern selbst, als auch via Kamerasystem. Besucher sind jedoch nach vorheriger Anmeldung willkommen. Zwei Besuche brachten mir die alte Klinik näher. Den ersten Besuch statte ich der Lungenklinik bereits im Jahr 2011 ab. Der damalige Eigentümer, der einen Ponyhof errichten wollte, genehmigte uns damals den Aufenthalt. Leider stellte sich sein Projekt am Ende als unrentabel heraus. Während unseres Aufenthalts machten wir auch Bekanntschaft mit einer treuen Seele, die unsere Erkundung äußerst spannend fand und uns Stockwerk um Stockwerk, gerne lauthals, durch das alte Sanatorium folgte. Kaum hätte ich damit gerechnet dieselbe Katze - fünf Jahre nach meinem ersten Besuch - wieder zu treffen. Irgendwo, mitten in den Korridoren des Krankenhauses, ertönte plötzlich ein lautes Bellen. Kurz bevor meine Besorgnis stieg einen schlecht gelaunten Hund zu treffen, kam die treue Weggefährtin von damals um die Ecke. Ich konnte es kaum glauben. Hatte das Gelände auch die Eigentümer seit meines letzten Besuchs gewechselt, so blieb der Hauswächter doch der Alte. Somit ging es nun ein zweites Mal, mit zeitweiser Begleitung meines vierbeinigen Freundes, durch das Gebäude. Dieses Mal blieb mir auch der nüchtern weiß gekachelte Raum der ehemaligen Pathologie nicht verborgen: mit nichts darin als einem ebenso nüchtern wirkenden Porzellantisch. In Kindergröße. Auch Kinder sterben. Das war die, passend zum Ambiente, nüchterne Erkenntnis, die ich aus dieser Begegnung mitnahm. Die Krankenhauskorridore der Stationen hingegen, wurden mit vielen bunten Wandbildern verziert, um den Aufenthalt etwas heimeliger zu gestalten. Ein wirklich belebender Kontrast zu dem, was ich im Kellerbereich vorgefunden hatte. Heute wirken diese verwaisten Gänge jedoch auch eher gespenstisch. Die Gartenanlage des Krankenhauses war großzügig angelegt, besaß eine eigene Gärtnerei und einen künstlich angelegten Teich. Auch wenn das Areal mittlerweile eher verwildert ist, so kann man sich vorstellen, wie schön es hier einst gewesen sein muss. Persönlich hoffe ich, dass man dem Gelände eines Tages wieder neues Leben einhauchen wird. The children's sanatorium for treating lung- and bronchial diseases, specialized in the treatment of lung tuberculosis, was built near the town of Harzgerode, Germany in the 1920s in the so-called Bauhaus style. It consisted of the main hospital building, the housing area for the medical staff including a villa for the chief medical officer, its own small school building as well as a gardener's house. Around 150 patients could be housed. The hospital was shut down for good in 1998. All tries to revitalize the area have failed so far.
Yet, the sanatorium has new owners presently who are trying to establish an alternative form of living on the grounds. Now, the area is monitored around the clock. There are cameras all over the place and the new owners are directly living on the premises. After previous inquiry visitors are welcome. I have visited the old sanatorium two times so far. My first visit took place in 2011 when there was the past owner who allowed us to enter the grounds in order to take photos. He tried to establish a pony farm for kids. Unfortunately, his project turned out to be unprofitable. Back in 2011, we were accompanied by a new friend - a nosy cat who followed us floor after floor through the old sanatorium. I would have never thought to meet that very cat again. During my last visit, five years after the first one, suddenly, somewhere in the maze of hospital corridors, we could hear loud barking. Shortly, before I really started to worry about that, the to me well known cat came around the corner. Five years after my first visit, I met it again. I was glad, that the cat was still there although the owners have changed over time. Thus, it was my pleasure that I had the opportunity to explore the building with my cat explorer once again. That time I was also able to take a look inside the small white-tiled room of the former morgue. Its view was pretty sobering. There was nothing more than an at least as sobering view of the porcelain mortuary slab - perfect kid-size - inside a small room. Also children die. It was the most sobering fact of the day. On the contrary, the corridors of the wards were decorated with lots of murals in order to help feeling a bit at home. A really stimulating contrast compared to the atmosphere of the basement area. Yet, the maze of corridors never fails to create a somewhat haunting atmosphere. The garden of the sanatorium was huge, contained greenhouses and even its own artificially constructed pond. Although, the area appears pretty wild nowadays, I can imagine how beautiful it must have been once. I dearly hope that the old sanatorium grounds are going to be revived one day. Die Heilanstalten zur Behandlung von Tuberkulose entstanden, wie zahlreiche ähnliche Einrichtungen dieser Art, um die Jahrhundertwende (1902 - 04) am Zenssee im malerischen Lychen in Brandenburg. Benannt wurden sie nach der damaligen Kaiserin und trugen somit den Namen"Kaiserin-Auguste-Viktoria-Sanatorium". Behandelt wurden hier Frauen und Kinder. Im Laufe der Jahre wurde die Anlage immer wieder durch neue Bauten erweitert und während der beiden Weltkriege auch als Lazarett genutzt. Zur Zeit des Nationalsozialismus, dem finstersten Kapitel in der Geschichte des Sanatoriums, wurde dieses als renommierte Sportheilstätte bekannt. Selbst hohe Funktionäre der NSDAP, wie etwa Heinrich Himmler oder Albert Speer, suchten hier Erholung und machten aus der Klinik einen regelrechten Modeort. Das Idyll der Heilstätten wurde während der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur durch die Popularität bei NSDAP-Mitgliedern jäh getrübt. Ärzte des renommierten Sanatoriums, die sich in dem guten Ruf der Institution sonnten, führten durch die Nationalsozialisten angeordnete Menschenversuche in dem nahe gelegenen Konzentrationslager Ravensbrück durch. Der damals leitende Arzt des Sanatoriums, Karl F. Gebhardt, der hauptsächlich an den Gräueltaten beteiligt war und den Versuchen der Nazis den Weg ebnete, war neben den Versuchen in seinem eigenen Sanatorium sowie denen im KZ Ravensbrück auch an Menschenversuchen in Auschwitz beteiligt gewesen. Bekannt wurden diese als Sulfonamid-Experimente (Antibiotika), wobei der Arzt den Versuchspersonen potentielle Kriegswunden zufügte (bspw. Schnitt- und Schusswunden) um die Wirksamkeit des Medikaments zu testen. In Folge einer auftretenden Sepsis verstarben viele der Opfer oder mussten fortan mit Folgeschäden kämpfen. Unter Gebhardt arbeiteten mehrere Hohenlychener Ärzte auch in Konzentrationslagern - so etwa auch der zweite Leibarzt Hitlers, Ludwig Stumpfegger. Im Zuge der Nürnberger Prozesse wurde Gebhardt 1947 aufgrund seiner Untaten zum Tode verurteilt und am 02.06.1948 schließlich hingerichtet. Überdies wurde in den 1960er Jahren auf dem Gelände der Heilantalten rein zufällig eine vergrabene Kiste mit alten Aufzeichnungen und Forschungsergebnissen des Arztes Kurt Heißmeyer wiedergefunden, der für seine Habilitation Versuche im KZ Neuengamme bei Hamburg durchgeführt hatte. Dieser kam dafür lebenslänglich ins Gefängnis. Während der Besatzungszeit nutzten die sowjetischen Streitkräfte die alte Heilanstalt als Lazarett und richteten dort eine Geburtsstation ein. Seit Abzug der letzten Truppen, am 31.08.1993, steht das Gelände noch immer größtenteils leer. An einem kalten Wintertag peitschte uns noch kälterer Wind ins Gesicht. Leichte Orkanböen waren für den Tag vorhergesagt - und ausnahmsweise war die Wettervorhersage treffgenau. Der Wind hallte gespenstisch in den leeren Räumen sowie den schier endlos erscheinenden Gängen wider. Das Echo unserer Schritte, die uns immer tiefer in die Geschichte trugen, erfüllte die Gemäuer zusätzlich mit gespenstischen Lauten und doch einem Hauch von Leben. Update: 2018 wurde auf dem Gelände eine Seniorenresidenz eröffnet. The old hospital - named after the German empress "Auguste Viktoria" - in the picturesque German town of Lychen was built around the turn of the century (between 1902 - 04) as tuberculosis sanatorium. Exclusively women and children were treated in this institution. During the years the complex was growing steadily. During World War I and World War II the sanatorium was used as a military hospital. During the Nazi-era it was converted into a sports sanatorium. Even high officials of the NSDAP (National Socialist Worker's Party) visited the place in order to seek recreation. One of the frequent guests were for example Heinrich Himmler and Albert Speer who visited the hospital on a regular basis.
One of the darkest chapters of the Nazi-era is directly linked to the sanatorium. The doctor Karl F. Gebhardt as well as head of the institution paved the way for the Nazis concerning medical experiments in his own sanatorium and in the nearby KZ (short for concentration camp) Ravensbrück. He conducted experiments there as well as in Auschwitz. The experiments became well-known as so-called sulfonamide-experiments. Wounds similar to war injuries (like cuts and bullet wounds) were inflicted on the victims to test the efficiency of the sulfonamides as a potential treatment. Due to blood poisoning, many people died as a consequence of these inhuman experiments or had to suffer lifelong complications. Many other doctors - among them Hitler's personal surgeon - Ludwig Stumpfegger - worked under the leadership of Gebhardt in different concentration camps. Gebhardt was sentenced to death in 1947 at the Nuremberg trials and was finally executed for his crimes on the 2nd of June 1948. Then, in the late 1960s, a surprising find was made: a crate including research results concerning further experiments on humans conducted by another physician (Kurt Heißmeyer) who had worked under Gebhardt was found buried on the grounds. These experiments which he had performed at the KZ Neuengamme near Hamburg were part of his habilitation. After the finding of the documents, he received a life sentence in prison. During the occupation period after WW II., the Soviet army used the area as military hospital including an own maternity ward. After the last Soviet troops left Germany on 31st of August 1993, the sanatorium has been largely abandoned. On a cold winter's day in February, an even colder wind was whipping. The weather forecast definitely hadn´t the best prediction in stock for us that day and was turned out to be right in the end. Thus, a heavy wind was blowing loudly through the empty rooms and the seemingly endless floors creating an eerie atmosphere. The echoes of our footsteps added to the atmosphere while we were diving into this very dark chapter of history. Update: A retirement home was opened on the premises of the sanatorium in 2018. "I gazed a gazeless stare We walked a million hills I must have died alone A long, long time ago." ("The Man Who Sold The World", David Bowie) "If I walk down this hallway [...] I pad through the dark 'Til I wake your ghost! ("Your Ghost", Kristin Hersh) Die Sonne strahlt kräftig über der norditalienischen Kleinstadt und heizt die Luft auf etwa 20 Grad auf. Ein letztes Rendezvous mit dem bereits vergangenen Sommer im Spätherbst. Umso grauer und kälter wirken die Mauern des alten manicomio (zu Deutsch "Irrenanstalt"). Darüber können auch die großzügigen Innenhöfe und der ansprechende Architekturstil des Neoklassizismus kaum hinwegtäuschen. Im Jahr 1876 wurde die Anstalt gegründet, der Großteil im Jahr 1998 geschlossen. Der andere Teil des Gebäudes ist noch immer in Nutzung als Krankenhaus, der Rest verfällt zusehends. Ein erster Versuch ins Innere zu gelangen, war bereits vor zwei Jahren gescheitert. Nicht ganz unauffällig und über mehrere Hindernisse hinweg sollte es jedoch dieses Mal klappen. Das Adrenalinlevel noch spürbar hoch, ging es endlich hinein und somit begann zugleich eine Reise in eines der düstersten Kapitel in der Geschichte der Institution Psychiatrie. Die italienischen Psychatrien waren berüchtigt für ihre unmenschlichen Behandlungen, die dort vorherrschten. Doch waren diese in anderen Ländern kaum besser. So mag dieser Ort stellvertretend für sehr viel Leid all jener stehen, deren Identität und Individualität hinter den Türen solcher Anstalten, egal wo auf der Erde, endete. Für manche für immer. Aus der noch warmen Herbstsonne geht es die ersten Schritte ins deutlich kältere Gebäude hinein, als hätte es die düstere Vergangenheit über all die Jahre konserviert. Schon steht man mitten drin, in der so genannten "rotonda dei furiosi" - der Rotunde der Wütenden. Hier befanden sich die Isolationszellen für die besonders "unbändigen" Patienten. Einzelzellen, um nicht zu sagen eher dunkle Löcher, in denen die Betten einst am Boden befestigt waren. So beeindruckend die Architektur auch wirkt, so sehr lässt sich doch der dunkle Schatten über dem Gebäude, der vielleicht in der Rotunde besonders spürbar ist, nie ganz ausblenden. Im Gebäude selbst finden sich noch zahlreiche Relikte aus vergangenen Zeiten. Alte Betten, Geräte, Rollstühle sowie alte Akten und Röntgenbilder der früheren Patienten. Im ersten Stockwerk stehen noch wie besonders gespenstisch wirkende Zeugen knallbunte Kinderfahrräder. Einst waren hier auch viele Waisenkinder oder schlichtweg verstoßene Kinder, etwa mit diversen Beeinträchtigungen (was oftmals als Stigma galt), untergebracht. So kommt man nicht umhin zu sehen, was die Psychiatrie in ihrer Urform darstellte - weniger ein Ort der Heilung und Pflege, sondern der Verwahrung all jener, die aus den unterschiedlichsten Gründen, keinen Platz in der Gesellschaft finden (sollten). Ein Auffangbecken all jener, die teilweise schlichtweg "unerwünscht" waren. Erst in den 1970er Jahren kam es in Italien dank des Psychiaters Franco Basaglia, der die menschenunwürdigen Umstände in den italienischen Anstalten scharf anprangerte, zu einer das ganze Land umfassenden Psychatriereform, die nicht nur zur Schließung vieler Anstalten führte, sondern auch zu einer Erneuerung der Behandlungsmethoden. Reist man zurück, so haben die Mauern der über 100 Jahre bestehenden Psychiatrie alles gesehen, was das mehr als fragwürdige Behandlungsrepertoire hergab - und leider basierten diese viel zu oft lediglich auf "Versuch und Irrtum" und nicht auf wirkungsvollen und vor allem wissenschaftlich belegten Methoden. Ob nun chirurgische Eingriffe wie Lobotomien, völlig unausgereifte Elektroschock- und Hydrotherapien oder diabetische Schocks. Letztere waren auch unter dem Begriff Insulinschockmethode, oder Insulin-Koma-Therapie bekannt, die voranging bei Schizophrenie sowie Depressionen eingesetzt wurde. Hierbei wurde absichtlich eine Überdosierung mit Insulin herbeigeführt - der Patient fiel in ein Koma. Wurde nicht rechtzeitig schnell eingegriffen, führte dies rasch zum Tod. Hinter dicken Mauern weggesperrt und ohne jegliche Stimme war man der Willkür und der Experimentierfreude derer, die eigentlich heilen und pflegen sollten, völlig schutzlos ausgeliefert. Der Gründer des Manicomio di V., Cesare L., war außerdem für seine sozialdarwinistischen Theorien bekannt - also jenen, die auch später noch den Nazis als Rechtfertigung für ihre kruden Rassentheorien dienten. Noch lange nach meinem Besuch fällt es mir schwer die Eindrücke und das Wissen um dieses finstere Kapitel der Geschichte gänzlich hinter mir zu lassen. Am Ende fühle ich mich wie auf der Flucht - eine kleine Tür in einer ansonsten unerklimmbaren Mauer steht glücklicherweise offen. Ich rette mich aus dem mittlerweile erdrückenden Grau in die Sonne und erwische mich dabei erleichtert durchzuatmen. The sun shines brightly over the small town in Northern Italy and heats the air up to around 20° degrees. It feels like a last rendezvous with the long gone summer in late fall. It makes the grey and cold sturdy walls of the old manicomio (English "mental asylum") appear even more cold and uninviting. Not even the spacy patios and the beautiful architectural style of neoclassicism do detract from the fact of the darkest chapter of the history of psychiatric hospitals. The institution was founded in 1876 and a grand part of it was shut down in 1998 and is in a decaying state. The other part is still used as hospital. My first try getting into the building had failed two years ago. But this time - despite having to cope with a few boundaries - I was lucky to finally enter. My adrenaline level still high, I finally found myself on a dark journey back into the history of the asylums. The Italian ones were notorious for its cruel treatment of the patients. Yet, the fact that it had hardly been better in other countries shouldn't be forgotten. Yet, this location might be representative for all the suffering of the ones that were robbed their identity and individuality as soon as the doors were closed behind them in similar institution all over the world. For some their identity ceased to exist for good.
Leaving the warm fall sun, my first steps lead me in the very cold building as if it had conserved the gloomy past during all these years. And now there I am - standing right in the middle of the "rotonda dei furiosi" - the rotunda of the furious. It was the semi-circular isolation ward for the especially "unruly" patients consisting of pitch-dark cells where the beds had once been fastened to the grounds. The architecture still seems to be pretty striking and rather beautiful but this can't cover up the dark shadow lying on the building that might be especially tangible in the rotunda. The building itself is still full of all kinds of inventory - old beds, wheel chairs, machines, x-rays and old files of the former patients are scattered everywhere. In one corridor brightly colored children's bicycles are hauntingly waiting in the corners. As if the little owner might be showing up every second. In the past, this place housed a lot of orphans as well as "unwanted" children - especially those with all kinds of disabilities, as those were often seen as some kind of "stigma" in the past. It all makes you realize what "psychiatry" meant back in time. Not a place of care and healing but rather a place of locking people away from society. A place for all the "unwanted" ones - according to a very small-minded and backwards society. It was not before the 1970s that - thanks to the Italian psychiatrist Franco Basaglia who condemned the inhuman conditions in the manicomi - the institutions throughout the country were reformed. This not only led to the closure of a lot of these places but also to the change of treatment methods. Traveling back in time, these walls have seen it all - all available methods in the repertoire of treatment of the former "asylums". Ranging from lobotomies, immature electroshock - and hydrotherapy treatments to so called diabetic shocks. The latter was a popular treatment for depression and schizophrenia. The patients got an insulin overdose and thus fell into a coma. If not immediate counter-measurements had taken place, it quickly led to the death of the patient. All these methods back then were rather "trial-and-error" methods and not effective and scientifically approved ones. Locked away behind thick walls without identity made you the perfect "lab rat". The founder of the Manicomio di V., Cesare L., was very well-known for his Social-Darwinistic theories, that were also used by the Nazis as justification for their inhuman race theories. Still long after my visit, it's hard for me to leave all these impressions and the knowledge about this dark chapter of history behind me. In the end, it felt like a flight to me - a small door in the normally invincible wall stands widely open. I quickly slip through it - away from these cold, dark walls into the warm sun. I can't help it but to catch myself taking a very deep breath. “… it was the fashion to suffer from the lungs; everybody was consumptive, poets especially; it was good form to spit blood after each emotion that was at all sensational, and to die before the age of thirty…” (Alexandre Dumas, Memoirs) “I should like to die from consumption.” (Lord Byron) Die Schwindsucht (Lungentuberkulose, Morbus Koch oder auch kurz TBC) ist eine durch Bakterien verursachte, auch heute noch weit verbreite, Infektionskrankheit. Das Mykobakterium tuberculosis wurde erstmals 1882 von Robert Koch entdeckt und beschrieben. Um 1900 war sie eine der häufigsten Todesursachen überhaupt. Der Lungentuberkulose, die auch auf andere Körperteile übergreifen konnte, vermochte anfangs nur durch den Bau von Lungensanatorien Einhalt geboten zu werden. Die Ärzte setzten hauptsächlich auf Schonkost und Liegekuren an der frischen Luft. Als besonders heilsam galt frische Bergluft oder auch ein mediterranes Klima. Meist waren diese Lungenheilstätten anfänglich ausschließlich der Oberschicht vorbehalten, später jedoch bedachte man auch zunehmend die arme Bevölkerung, da die TBC zur Volksseuche geworden war, die sich vor allem in der Arbeiterschicht rasend verbreitete. Geschuldet war dies im Allgemeinen den mehr als katastrophalen hygienischen Bedingungen um die Jahrhundertwende. Auch das so genannten "Trockenwohnen", trug einen beachtlichen Teil hierzu bei. Der Aspekt der zur Volksseuche mutierten Krankheit und die Tatsache, dass auch viele junge Leute und Künstler, die oftmals zur armen Bevölkerung zählten, erkrankten, führte auch zu einer vermehrten Thematisierung in der Kunst. Ein bekanntes Beispiel aus der Literatur stellt Thomas Manns "Der Zauberberg" dar. Aufgrund dieser massenhaften Erkrankungen und eben dieser speziellen Personengruppen wurde die TBC zeitweise auch als "romantische Krankheit" bezeichnet. Die Künste im Allgemeinen trugen, besonders durch die Verklärung der Krankheit, zu diesem Bild bei. Letztlich war dies aber sicherlich schlichtweg ein Versuch mit dem Tod und Elend der Zeit umzugehen. Weniger beschönigende und romantisierende Bezeichnungen der Realität waren jedoch auch geläufig. Etwa sprach man dann eher von der weißen Pest/dem weißen Tod oder davon, die Motten zu haben. Nach der Entdeckung des Penicillins (1928) durch Alexander Fleming wurden die Lungenheilstätten nach und nach überflüssig. The pulmonary tuberculosis (also consumption, abbrev.: TB) is a bacterial contagious disease which is still existing today. The Mycobacterium tuberculosis was first discovered and described by Robert Koch in 1882. The TB was one of the most common causes of death around the turn of the century. The lung tuberculosis that sometimes spread to other body parts as well could only be controlled by the building of lung sanatoriums. Firstly, they were mainly provided for members of the upper class only. Yet, due to the rampant spreading throughout all members of society and especially due to the spreading among people of poverty, the sanatoriums opened their doors for members of the working class, too. The doctors back then mostly tried to heal tuberculosis with a special diet and rest cures in the open air. Above all, fresh mountain air and the Mediterranean climate were considered especially healthy. As the TB affected mostly the poor and the young including many artists (which often belonged to the poor population), the disease became often referred to as "romantic disease." A very famous literary piece that deals with the topic of TB and living in a lung sanatorium is Thomas Mann´s "Der Zauberberg" ("The Magic Mountain"). It were especially the arts that shaped the picture of a "romantic" disease. For sure, it was also an attempt to find somewhat sense in the death and misery of that time. But there were also less romanticizing terms common like the White Plague. After the discovery of penicillin (in 1928) by Alexander Fleming lung sanatoria became gradually redundant. |
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