Heilanstalten Hohenlychen - "Das Geistersanatorium"
(teilweise renoviert - partly renovated)
“In each of us, two natures are at war – the good and the evil. [...] But in our own hands lies the power to choose."
(Robert L. Stevenson)
(Robert L. Stevenson)
Die Heilanstalten zur Behandlung von Tuberkulose entstanden, wie zahlreiche ähnliche Einrichtungen dieser Art, um die Jahrhundertwende (1902 - 04) am Zenssee im malerischen Lychen in Brandenburg. Benannt wurden sie nach der damaligen Kaiserin und trugen somit den Namen"Kaiserin-Auguste-Viktoria-Sanatorium". Behandelt wurden hier Frauen und Kinder. Im Laufe der Jahre wurde die Anlage immer wieder durch neue Bauten erweitert und während der beiden Weltkriege auch als Lazarett genutzt. Zur Zeit des Nationalsozialismus, dem finstersten Kapitel in der Geschichte des Sanatoriums, wurde dieses als renommierte Sportheilstätte bekannt. Selbst hohe Funktionäre der NSDAP, wie etwa Heinrich Himmler oder Albert Speer, suchten hier Erholung und machten aus der Klinik einen regelrechten Modeort.
Das Idyll der Heilstätten wurde während der Nazi-Zeit nicht nur durch die Popularität bei NSDAP-Mitgliedern jäh getrübt. Ärzte des Sanatoriums, die sich in dem guten Ruf der Institution sonnten, führten durch die Nationalsozialisten angeordnete Menschenversuche im nahe gelegenen Konzentrationslager Ravensbrück durch. Der damals leitende Arzt des Sanatoriums, Karl F. Gebhardt, der hauptsächlich an den Gräueltaten beteiligt war und den Versuchen der Nazis den Weg ebnete, war neben den Versuchen in seinem eigenen Sanatorium sowie denen im KZ Ravensbrück auch an Menschenversuchen in Auschwitz beteiligt gewesen. Bekannt wurden diese als Sulfonamid-Experimente (Antibiotika), wobei der Arzt den Versuchspersonen potentielle Kriegswunden zufügte (bspw. Schnitt- und Schusswunden) um die Wirksamkeit des Medikaments zu testen. In Folge einer auftretenden Sepsis verstarben viele der Opfer oder mussten fortan mit Folgeschäden kämpfen. Unter Gebhardt arbeiteten mehrere Hohenlychener Ärzte auch in Konzentrationslagern - so etwa auch der zweite Leibarzt Hitlers, Ludwig Stumpfegger. Im Zuge der Nürnberger Prozesse wurde Gebhardt 1947 aufgrund seiner Untaten zum Tode verurteilt und am 02.06.1948 schließlich hingerichtet. Überdies wurde in den 1960er Jahren auf dem Gelände der Heilantalten rein zufällig eine vergrabene Kiste mit alten Aufzeichnungen und Forschungsergebnissen des Arztes Kurt Heißmeyer wiedergefunden, der für seine Habilitation Versuche im KZ Neuengamme bei Hamburg durchgeführt hatte. Dieser kam dafür lebenslänglich ins Gefängnis.
Während der Besatzungszeit nutzten die sowjetischen Streitkräfte die alte Heilanstalt als Lazarett und richteten dort eine Geburtsstation ein. Seit Abzug der letzten Truppen, am 31.08.1993, steht das Gelände noch immer größtenteils leer.
An einem kalten Wintertag peitschte uns noch kälterer Wind ins Gesicht. Leichte Orkanböen waren für den Tag vorhergesagt - und ausnahmsweise war die Wettervorhersage treffgenau. Der Wind hallte gespenstisch in den leeren Räumen sowie den schier endlos erscheinenden Gängen wider. Das Echo unserer Schritte, die uns immer tiefer in die Geschichte trugen, erfüllte die Gemäuer zusätzlich mit gespenstischen Lauten und doch einem Hauch von Leben.
Update: 2018 wurde auf dem Gelände eine Seniorenresidenz eröffnet.
Das Idyll der Heilstätten wurde während der Nazi-Zeit nicht nur durch die Popularität bei NSDAP-Mitgliedern jäh getrübt. Ärzte des Sanatoriums, die sich in dem guten Ruf der Institution sonnten, führten durch die Nationalsozialisten angeordnete Menschenversuche im nahe gelegenen Konzentrationslager Ravensbrück durch. Der damals leitende Arzt des Sanatoriums, Karl F. Gebhardt, der hauptsächlich an den Gräueltaten beteiligt war und den Versuchen der Nazis den Weg ebnete, war neben den Versuchen in seinem eigenen Sanatorium sowie denen im KZ Ravensbrück auch an Menschenversuchen in Auschwitz beteiligt gewesen. Bekannt wurden diese als Sulfonamid-Experimente (Antibiotika), wobei der Arzt den Versuchspersonen potentielle Kriegswunden zufügte (bspw. Schnitt- und Schusswunden) um die Wirksamkeit des Medikaments zu testen. In Folge einer auftretenden Sepsis verstarben viele der Opfer oder mussten fortan mit Folgeschäden kämpfen. Unter Gebhardt arbeiteten mehrere Hohenlychener Ärzte auch in Konzentrationslagern - so etwa auch der zweite Leibarzt Hitlers, Ludwig Stumpfegger. Im Zuge der Nürnberger Prozesse wurde Gebhardt 1947 aufgrund seiner Untaten zum Tode verurteilt und am 02.06.1948 schließlich hingerichtet. Überdies wurde in den 1960er Jahren auf dem Gelände der Heilantalten rein zufällig eine vergrabene Kiste mit alten Aufzeichnungen und Forschungsergebnissen des Arztes Kurt Heißmeyer wiedergefunden, der für seine Habilitation Versuche im KZ Neuengamme bei Hamburg durchgeführt hatte. Dieser kam dafür lebenslänglich ins Gefängnis.
Während der Besatzungszeit nutzten die sowjetischen Streitkräfte die alte Heilanstalt als Lazarett und richteten dort eine Geburtsstation ein. Seit Abzug der letzten Truppen, am 31.08.1993, steht das Gelände noch immer größtenteils leer.
An einem kalten Wintertag peitschte uns noch kälterer Wind ins Gesicht. Leichte Orkanböen waren für den Tag vorhergesagt - und ausnahmsweise war die Wettervorhersage treffgenau. Der Wind hallte gespenstisch in den leeren Räumen sowie den schier endlos erscheinenden Gängen wider. Das Echo unserer Schritte, die uns immer tiefer in die Geschichte trugen, erfüllte die Gemäuer zusätzlich mit gespenstischen Lauten und doch einem Hauch von Leben.
Update: 2018 wurde auf dem Gelände eine Seniorenresidenz eröffnet.
The old hospital - named after the German empress "Auguste Viktoria" - in the picturesque German town of Lychen was built around the turn of the century (between 1902 - 04) as tuberculosis sanatorium. Exclusively women and children were treated in this institution. During the years the complex was growing steadily. During World War I and World War II the sanatorium was used as a military hospital. During the Nazi-era it was converted into a sports sanatorium. Even high officials of the NSDAP (National Socialist Worker's Party) visited the place in order to seek recreation. One of the frequent guests were for example Heinrich Himmler and Albert Speer who visited the hospital on a regular basis.
One of the darkest chapters of the Nazi-era is directly linked to the sanatorium. The doctor Karl F. Gebhardt as well as head of the institution paved the way for the Nazis concerning medical experiments in his own sanatorium and in the nearby KZ (short for concentration camp) Ravensbrück. He conducted experiments there as well as in Auschwitz. The experiments became well-known as so-called sulfonamide-experiments. Wounds similar to war injuries (like cuts and bullet wounds) were inflicted on the victims to test the efficiency of the sulfonamides as a potential treatment. Due to blood poisoning, many people died as a consequence of these inhuman experiments or had to suffer lifelong complications. Many other doctors - among them Hitler's personal surgeon - Ludwig Stumpfegger - worked under the leadership of Gebhardt in different concentration camps. Gebhardt was sentenced to death in 1947 at the Nuremberg trials and was finally executed for his crimes on the 2nd of June 1948. Then, in the late 1960s, a surprising find was made: a crate including research results concerning further experiments on humans conducted by another physician (Kurt Heißmeyer) who had worked under Gebhardt was found buried on the grounds. These experiments which he had performed at the KZ Neuengamme near Hamburg were part of his habilitation. After the finding of the documents, he received a life sentence in prison.
During the occupation period after WW II., the Soviet army used the area as military hospital including an own maternity ward. After the last Soviet troops left Germany on 31st of August 1993, the sanatorium has been largely abandoned.
On a cold winter's day in February, an even colder wind was whipping. The weather forecast definitely hadn´t the best prediction in stock for us that day and was turned out to be right in the end. Thus, a heavy wind was blowing loudly through the empty rooms and the seemingly endless floors creating an eerie atmosphere. The echoes of our footsteps added to the atmosphere while we were diving into this very dark chapter of history.
Update: A retirement home was opened on the premises of the sanatorium in 2018.
One of the darkest chapters of the Nazi-era is directly linked to the sanatorium. The doctor Karl F. Gebhardt as well as head of the institution paved the way for the Nazis concerning medical experiments in his own sanatorium and in the nearby KZ (short for concentration camp) Ravensbrück. He conducted experiments there as well as in Auschwitz. The experiments became well-known as so-called sulfonamide-experiments. Wounds similar to war injuries (like cuts and bullet wounds) were inflicted on the victims to test the efficiency of the sulfonamides as a potential treatment. Due to blood poisoning, many people died as a consequence of these inhuman experiments or had to suffer lifelong complications. Many other doctors - among them Hitler's personal surgeon - Ludwig Stumpfegger - worked under the leadership of Gebhardt in different concentration camps. Gebhardt was sentenced to death in 1947 at the Nuremberg trials and was finally executed for his crimes on the 2nd of June 1948. Then, in the late 1960s, a surprising find was made: a crate including research results concerning further experiments on humans conducted by another physician (Kurt Heißmeyer) who had worked under Gebhardt was found buried on the grounds. These experiments which he had performed at the KZ Neuengamme near Hamburg were part of his habilitation. After the finding of the documents, he received a life sentence in prison.
During the occupation period after WW II., the Soviet army used the area as military hospital including an own maternity ward. After the last Soviet troops left Germany on 31st of August 1993, the sanatorium has been largely abandoned.
On a cold winter's day in February, an even colder wind was whipping. The weather forecast definitely hadn´t the best prediction in stock for us that day and was turned out to be right in the end. Thus, a heavy wind was blowing loudly through the empty rooms and the seemingly endless floors creating an eerie atmosphere. The echoes of our footsteps added to the atmosphere while we were diving into this very dark chapter of history.
Update: A retirement home was opened on the premises of the sanatorium in 2018.
Lageplan sowie historische Aufnahmen - Map and historical photographs:
(©Nietner, Johannes: Deutsche Lungenheilstätten in Wort und Bild. Part II. Berlin: Marhold-Verlag 1913)
Alte Postkarte von 1943 - Old Postcard from 1943
(©CC BY-NC-SA 3.0 - Museum für Stadtgeschichte Templin. (2020-08-14). Ansichtskarte "Luftkurort Hohenlychen U/M. Heilanstalt";
abgerufen unter https://brandenburg.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=7809&cachesLoaded=true)
abgerufen unter https://brandenburg.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=7809&cachesLoaded=true)
Satellitenansicht - Aerial Image

(©google-earth 2017)